Wachstumschancengesetz | Gesetzentwurf

Liebe Mandantinnen und Mandanten,
liebe Interessenten,

seit einiger Zeit stellen wir – egal ob Arbeitnehmer, Rentner oder Selbstständige – fest, dass sich die wirtschaftliche Entwicklung und die damit verbundenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen teilweise erheblich verändert haben. Diese Veränderungen sind für uns Steuerzahler in vielen Fällen negativ. Die politische Seite hat lange benötigt, um dieses zu verstehen und zu versuchen, die wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik wieder in positive Bahnen zu lenken. Die wesentlichen Veränderungen in der letzten Zeit sind in einigen, wenigen Schlagworten zusammenzufassen:

  1. Corona-Pandemie und die damit verbundenen Veränderungen im nationalen- und internationalen Markt.
  2. Veränderung, künstliche Verknappung und Versteuerung von Rohstoffen sowie Fertigprodukten.
  3. Starke Veränderungen des Arbeitsmarktes verbunden mit einem ernstzunehmenden Fachkräftemangel.
  4. Starke, inflationäre Entwicklungen, die die Produkte verteuern und damit den Konsum dämpfen.
  5. Erhebliche Steigerung des Zinsniveaus, sodass sowohl betriebliche als auch private Investitionen neu überdacht und berechnet werden müssen. Politisch gewollter Wandel in der Klimapolitik, verbunden mit starker Verunsicherung des Bürgers in Bezug auf energetische Investitionen. Als Beispiel sei das „unglückliche“ Heizungsgesetz genannt.
  6. Sonstige Unsicherheiten auf Grund unklarer politischer Entscheidungen in verschiedensten Bereichen. Der Gesetzgeber – insbesondere in Form der Bundesregierung – hat die Probleme offensichtlich lange verkannt, nunmehr ist er offensichtlich bereit, Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in unserem Lande voranzutreiben. Das Bundesfinanzministerium hat den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovationen sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness vorgelegt. Das Gesetz wird „Wachstumschancengesetz“ genannt. Die geplanten, nachfolgenden Maßnahmen sind aus unserer Sicht in diversen Bereichen positiv, Nachteil ist es, dass die meisten Maßnahmen erst ab 2024 greifen.

Im Nachfolgenden geben wir einen kurzen Überblick über die geplanten Änderungen:

  1. Einführung einer Investitionsprämie zur Förderung der Transformation der Wirtschaft, insbesondere in Richtung von mehr Klimaschutz. Der Gesetzgeber verfolgt hiermit das Ziel, Investitionen zur Minderung des Energieverbrauchs zu fördern. Anspruchsberechtigt sind Steuerpflichtige, soweit sie Gewinneinkünfte erzielen, d.h. Gewerbetreibende, Freiberufler und Landwirte. Nach dem jetzigen Gesetzesentwurf werden hier grundsätzlich nur größere Unternehmen angesprochen, die hohe Energieverbräuche haben und für die Zukunft ein entsprechendes Einsparkonzept nachweisen. Die dazu notwendigen Investitionen sollen mit 15% gefördert werden.
  2. Es ist eine Änderung der Abschreibung bei sogenannten „Geringwertigen Wirtschaftsgütern“ geplant. Die bisherige Grenze für das Vorliegen für geringwertige Wirtschaftsgütern soll von 800 € auf 1.000 € angehoben werden. Des Weiteren ist geplant die bisherige Möglichkeit der Bildung eines Sammelpostens für abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter zu verbessern. Der Sammelposten ist bislang möglich, wenn die Anschaffungs- und Herstellungskosten für das einzelne Wirtschaftsgut 250 €, aber nicht 1.000 € übersteigen. Der Sammelposten ist im Wirtschaftsjahr der Bildung und in den folgenden vier Wirtschaftsjahren gleichmäßig gewinnmindernd aufzulösen. Der absolute Betrag des einzelnen Wirtschaftsguts soll von 1.000 € auf 5.000 € erhöht werden. Des Weiteren soll die Auflösungsdauer von fünf Jahren auf drei Jahre reduziert werden.
  3. Die bisherige Sonderabschreibung gem. §7g Abs. 5 EStG soll verbessert werden. In dieser Vorschrift wird z.Z. eine Sonderabschreibung für abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens bei kleinen und mittleren Unternehmen gewährt. Diese Sonderabschreibung beträgt bislang 20 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Diese Sonderabschreibungshöhe soll erfreulicherweise auf 50 % erhöht werden. Die Sonderabschreibung kann weiterhin beliebig auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden vier Jahre verteilt werden.
  4. Die Besteuerung der gesetzlichen Rente soll (leicht) entschärft werden. Bisher hatte der Gesetzgeber geplant, dass die Rente ab dem Jahr 2040 voll versteuert wird. Seit dem Jahre 2005 stieg der Besteuerungsanteil der gesetzlichen Rente kontinuierlich. Nunmehr ist geplant, dass der Besteuerungsanteil von 100 % erst ab dem Jahr 2058 einsetzt. Für den einzelnen Rentenempfänger wird dies – unserer Auffassung nach – nur eine geringe Entlastung bedeuten. Hintergrund dieser geplanten Änderung ist es, eine mögliche, doppelte Besteuerung zu verhindern, entsprechende Verfahren sind beim höchsten, deutschen Finanzgericht anhängig.
  5. Ein weiterer Vorschlag soll Einzelunternehmen und Personengesellschaften steuerlich entlasten, wenn diese Gewinne im Unternehmen „stehen lassen“, diese also nicht für private Zwecke entnehmen. Diese Vorschrift gibt es seit vielen Jahren, wurde in der Praxis aber selten angewandt, da die Handhabung sehr kompliziert war und sich die Steuerentlastung „in Grenzen hielt“. Dieses soll nunmehr verbessert werden. Es bleibt also abzuwarten, inwieweit der Gesetzgeber hier tatsächlich Vereinfachungen und Verbesserungen verabschiedet. Im Einzelfall kann dann sicherlich reagiert werden.
  6. Bei geringen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung soll eine Bagatellregelung eingeführt werden. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung i.S.d. §21 Abs. 1 EStG bleiben danach steuerfrei, wenn die Summe dieser Einnahmen im Jahr insgesamt weniger als 1.000€ betragen. Werden negative Einkünfte erzielt, d.h. die Ausgaben sind höher als die Einnahmen, bleiben die Einkünfte auf Anfrage steuerpflichtig. Damit wäre der Verlustausgleich weiter möglich.
  7. Ein ewiger Streitpunkt zwischen Finanzamt und den Gewerbetreibenden / Freiberuflern sind die steuerlich absetzbaren Aufwendungen und Geschenke an Geschäftsfreunde. Diese sind bisher nur steuerlich berücksichtigungsfähig, wenn der Wert des Geschenks (pro Empfänger in einem Wirtschaftsjahr) den Betrag von 35 € nicht übersteigen. Dieser Betrag soll auf 50 € angehoben werden. Dies ist sicherlich ein positiver Ansatz, nach unserer Auffassung ist auch der erhöhte Betrag in der heutigen Zeit viel zu niedrig.
  8. Die Mehraufwendungen für Verpflegung sollen ab 2024 geringfügig erhöht werden. Das gilt für Gewerbetreibende / Freiberufler / Landwirte, die Verpflegungsmehraufwendungen als Betriebsausgaben absetzen. Dies gilt aber auch für Arbeitnehmer, die die Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten in ihrer Einkommensteuererklärung geltend machen. Des Weiteren gilt dies für den Fall, in dem der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die Verpflegungsmehraufwendungen steuer- und sozialversicherungsfrei auszahlt. Der nachfolgenden Tabelle können Sie die aktuellen Verpflegungsmehraufwendungen entnehmen sowie die ab 2024 geplanten Beträge.
  9. Im § 10d des Einkommensteuergesetzes gibt es Vorschriften für die Regelung von Verlustvor- und Verlustrückträgen. Hiermit sollen Unternehmen, die in den Vorjahren Verluste erzielt haben in vorliegenden und nachfolgenden Jahren, in denen Gewinne erwirtschaftet wurden, entlastet werden. Diese entsprechenden Möglichkeiten der Verlustberücksichtigung in Vor- und Folgejahren waren bisher in vielen Bereichen nicht unternehmerfreundlich. Hier soll in einigen Bereichen nachgebessert werden mit dem Ziel, Unternehmen die Verluste erzielt haben steuerlich besser zu entlasten.
  10. Des Weiteren ist die Verbesserung einer anderen Bagatellvorschrift geplant. Bei den Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften wurden diese bisher nicht in die Besteuerung einbezogen, wenn der im Kalenderjahr erzielte Gesamtgewinn weniger als 600 € beträgt. Dieser Betrag soll auf 1.000 € erhöht werden. Diese Vorschrift betrifft Privatpersonen, die gelegentlich (nicht gewerblich!) Dinge an- und verkaufen.

Es sei nochmals erwähnt, dass es sich hier bisher nur um einen Gesetzesentwurf handelt. Es wurde somit noch nichts verabschiedet. Es sollten diesbezüglich auch noch keine unternehmerischen Entscheidungen gefällt werden. Die endgültige Gesetzesverabschiedung bleibt abzuwarten, geplant ist die Verabschiedung im Bundestag für November 2023. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten. Schauen Sie bitte auch zukünftig gerne in unsere Informationen auf unserer Website.
Bei diesen und anderen steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Problemen stehen wir Ihnen natürlich immer gern zur Verfügung.

Sprechen Sie uns an.

Oerlinghausen / Genthin, 14.08.2023

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